20. März 2012

Beine

Karlchen hasst Melanie, Küsse, Kaugummis, Kornfelder und noch seine Beine. Er hatte schon mit 15 das erste Mal phantasiert wie es denn so wäre ohne Beine zu leben. Heute ist Karlchen 23 Jahre alt. Er ist in seinem Keller und führt flüssigen Stickstoff in seine Badewanne ein. Er studiert Chemie, er weiß genau, was er da macht. Er hat schon fast die richtige Temperatur erreicht.
Plötzlich geht seine Eieruhr an. Karl zieht sich jetzt aus und setzt sich in die Badewann gefüllt mit flüssigem Stickstoff. Der Stickstoff reicht ihm bis zu der Hüfte. Karl dreht jetzt seine Eieruhr voll auf und wartet. Karl spürt den Schmerz nicht, Karl ist jetzt in einem Rauschzustand.
Zu wissen, dass er bald seine beiden gesunden Beine verliert, erregt ihn. Ein breites Grinsen ist in Karls Gesicht zu sehen. Karl muss nur noch eine halbe Stunde warten bis seine Beine nicht mehr schmerzen, das ist so bei gesunden Menschen und eine weitere halbe Stunde bis sie nicht mehr mit Blut versorgt werden.
Damit ihm nicht langweilig wird hat er ein Sudoku-Heft mitgebracht, auf welche er in letzter Zeit total abfährt. Und für den kleinen Hunger hat er sich Croissants mitgebracht. Doch heute macht ihm das Sudoku keinen Spaß. Er legt das Sudoku-Heft hin. Jetzt wird ihm noch langweiliger und er nimmt wieder das Heft und kritzelt darin rum. Er beißt genüsslich in sein Croissant und schmatzt. Die Eieruhr klingelt 5 Minuten bevor die Beine ganz verloren sind.
Er nimmt sein Telefon, welches er extra auf einen Hocker neben ihn gestellt hat und ruft den Krankenwagen. Er sagt der Frau am Telefon was er gemacht hat und, dass sie die Tür eintreten sollen, wenn sie her kommen. Karl versichert der Frau, dass seine Beine amputiert werden sollen.
Er hat schon die Treppen präpariert und sich einen elektrischen Rollstuhl besorgt, auf beiden Stockwerken steht ein Rollstuhl. Bloß im Keller steht keiner, weil er auch sonst nie was im Keller macht, alle seine Lebensmittel sind oben. Er hat ja nicht mal die Wände im Keller tapeziert. Als der Krankenwagen kommt und klingelt, ruft Karl:"Ich bin hier unten, im Keller! Tretet in Ruhe ein!" Plötzlich fällt Karl in Ohnmacht. Er wacht im Krankenhaus auf und liegt auf einer Station. Er hebt die Decke hoch und sieht nur noch 2 Beinstümpfe. Er betrachtet seine Stümpfe noch eine lange Zeit und er weiß, jetzt kann er endlich glücklich leben.
-Ostap Borovec